144-Milliarden-Loch: Steuerzahler-Chef kritisiert neuen Haushalt scharf

Liudmila Kotlyarova, Berliner Zeitung online, 25. Juni 2025.

Im Haushalt der Merz-Regierung klafft bis 2029 eine 144-Milliarden-Finanzierungslücke. Steuerzahler-Chef Holznagel schlägt Alarm vor neuen Schulden.

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, kritisiert den neuen Haushalt der Bundesregierung deutlich. Anlass ist ein massives Finanzierungsloch im Haushaltsplan bis 2029, das aus internen Regierungsunterlagen hervorgeht und sich auf insgesamt 144 Milliarden Euro beläuft.

„Die Bundesregierung arbeitet nicht nur mit Schulden-Schecks, sondern auch mit ungedeckten Schecks“, erklärt Holznagel der Berliner Zeitung. Trotz der hohen Neuverschuldung sehe er keine klaren Schritte der Ampelkoalition zur Konsolidierung des Kernhaushalts. Stattdessen würden Sondervermögen außerhalb des regulären Budgets mit zusätzlichen Schulden „vollgepumpt“, während versprochene Einsparungen ausblieben.

144 Milliarden Euro Finanzierungslücke: So entsteht sie

Die Finanzierungslücke von 144 Milliarden Euro bis 2029 geht aus der Kabinettsvorlage hervor, die das Bundesfinanzministerium am Montag an die anderen Ressorts verschickte. Sie ergibt sich vor allem aus nicht gedeckten Mehrausgaben in mehreren großen Bereichen, was Holznagel auch kritisiert. Rund 56 Milliarden Euro fehlen allein aufgrund höherer Sozialausgaben, darunter Bürgergeld und Rentensteigerungen.

Weitere 30 Milliarden Euro resultieren aus höheren Verteidigungsausgaben im Zuge neuer Nato-Verpflichtungen. Hinzu kommen rund 40 Milliarden Euro, die für Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz vorgesehen sind, jedoch aktuell nicht gegenfinanziert werden. Zudem sorgen steigende Zinsen für die zunehmende Verschuldung dafür, dass der Bund bis 2029 zusätzliche Zinskosten von etwa 30 Milliarden Euro schultern muss. Zuerst hatten das Handelsblatt und die Welt über die Kabinettsvorlage berichtet.

„Der Staatsapparat wächst weiter und die Subventionen bleiben auf Rekordniveau“, kritisierte Holznagel. Diese Politik verschärft aus seiner Sicht die strukturellen Haushaltsprobleme zusätzlich. So würden allein die jährlichen Zinskosten für den Bundeshaushalt bis 2029 auf über 60 Milliarden Euro ansteigen – eine Verdopplung gegenüber dem Stand heute. Im gleichen Zeitraum erhöhten sich die Steuereinnahmen aber nur um rund 37 Milliarden Euro. „Die zusätzlichen Steuereinnahmen werden vollständig von den steigenden Zinslasten aufgezehrt. Damit bleibt für den Bund unterm Strich keine neue finanzielle Gestaltungskraft übrig“, warnt Holznagel.

144-Milliarden-Loch: Steuerzahler-Chef fordert Maßnahmen von der Regierung

Um das Finanzloch zu verhindern, fordert der Steuerzahler-Chef jetzt entschlossene Maßnahmen von der Regierung: „Schulden sind kein Allheilmittel, sondern ein Problem. Wir brauchen harte Sparmaßnahmen, klare Prioritäten bei den Ausgaben und effektive Strukturreformen.“ Vor allem müsse das Ausgabenmanagement dringend modernisiert werden. „Jeder Euro an Steuergeld muss zielgerichtet ausgegeben und sein Mehrwert überprüfbar sein“, betonte Holznagel. Nur so könne Deutschland langfristig handlungsfähig bleiben und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sichern.

Kritik an fehlenden Konsolidierungsmaßnahmen gibt es längst. „Gerade weil so viele Mittel für die Aufrüstung benötigt werden, wäre es sinnvoll gewesen, an anderer Stelle umso mehr zu sparen“, forderte unter anderem der frühere Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. „Die Zinsen auf die vielen Schulden wachsen nicht auf den Bäumen, sondern müssen sauer verdient oder den Sparern durch eine Inflation entwendet werden.“ Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und die Merz-Regierung generell vermeiden bisher allerdings unpopuläre Sparmaßnahmen konsequent und setzen stattdessen weiter auf Schulden, um politische Konflikte zu umgehen. So wollen Union und SPD nach Handelsblatt-Angaben über eine Reform der Schuldenbremse sprechen, um zusätzliche Neuverschuldung zu ermöglichen.

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