Der Weg in den Steuerstaat

Autor/en
Hans-Werner Sinn
Markt und Mittelstand, 01/2003, S. 12

Mit massiven Steuererhöhungen steigert die Bundesregierung die Staatsquote, bremst Investitionen und lähmt die Wirtschaft.

» Deutschland ist seit 30 Jahren auf der schiefen Bahn. Die Staatsquote steigt, ebenso die Arbeitslosenzahl. Beide Entwicklungen hängen zusammen, ihr Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Mit ihren Vorhaben schiebt die Bundesregierung das Land weiter in die falsche Richtung. Was sie euphemistisch "Sparprogramm" nennt, ist in Wahrheit eine massive Steuererhöhung.

So steigt die Ökosteuer zum Januar 2003. Sie tritt zu den bereits sehr hohen Steuern hinzu, die dieses Land erdrücken. Die nächste Stufe der Steuerreform hätte für eine Einkommensteuerentlastung gesorgt, doch die Regierung verschob sie. Deutschland bleibt das Land, das die Wertschöpfung des durchschnittlichen Arbeitnehmers mit der höchsten Grenzabgabenlast belegt. Eine weitere Steuererhöhung ist die Mindeststeuer für Kapitalgesellschaften, die wegen der Reduzierung des Verlustausgleichs insbesondere die jungen Unternehmen treffen wird, die nicht über interne Ausgleichsmöglichkeiten verfügen. Als weitere Last kommt die Abschaffung der Spekulationsfrist dazu, was die Einführung einer echten Wertzuwachssteuer bedeutet. Diese Steuer belastet keinesfalls nur die Spekulanten, sondern ebenso die Erträge derer, die ihr Geld zur Altersvorsorge anlegen, und alle langfristig orientierten Sparer. Die Wertzuwachssteuer ist eine Steuer auf einbehaltene Unternehmensgewinne, die auf der Ebene der privaten Haushalte erhoben wird. Sie veranlasse die Firmen, verstärkt Gewinne auszuschütten, und erhöht die Rentabilitätsanforderungen, die an das betriebliche Kapital gestellt werden. Das bremst die Investitionen und verringert das wirtschaftliche Wachstum. Wie eine Steuererhöhung wirkt zudem der erhöhte Beitragssatz zur Rentenversicherung, da damit keine höheren Ansprüche begründet werden. Die steigende Rentenbeitragsbemessungsgrenze ist ebenfalls als Steuererhöhung zu interpretieren. Einerseits ist ein Teil der Beiträge unmittelbar verloren, weil durch sie keine Renten erworben werden, die mit einer Kapitalmarktanlage Schritt halten würden. Andererseits steigt wegen der wachsenden Rentenanwartschaften auch die implizite Staatsschuld des Rentensystems, für die später einmal die Zeche gezahlt werden muss.

Dies alles lässt die Staatsquote um etwa einen Prozentpunkt weiterklettern. Das lähmt die Wirtschaft noch mehr. Nicht die Konjunktur ist das Problem, da der Staat die Gelder, die er dem Kreislauf entzieht, ihm auch wieder zuführt. Aber für das Wachstum der Produktionskapazität sind Steuererhöhungen Gift, denn der ohnehin zu geringe Anreiz zu investieren wird weiter geschmälert. Das Kapital wandert ab, und so brechen immer mehr Jobs weg. Wir sind auf dem besten Weg in den Steuerstaat - der Kurswechsel ist nötiger denn je. «

Seitenanfang