Was uns 2013 bringt

DENKFABRIK | Während die Wirtschaft der Euro-Zone 2013 insgesamt schrumpften dürfte, kann Deutschland mit einem moderaten Wachstum von 0,7 Prozent rechnen. Die inneren Wettbewerbsprobleme der Europäischen Währungsunion werden sich noch weiter verschärfen. Von Hans-Werner Sinn.
Autor/en
Hans-Werner Sinn
WirtschaftsWoche, 07.01.2013, Nr. 1, S. 40

Nach den Schockwellen der Finanz- und Euro-Krise wird das Jahr 2013 hoffentlich ein Jahr der Konsolidierung. Die überschuldeten Industriestaaten inklusive der USA und besonders die Krisenländer Südeuropas müssen ihre Staatsfinanzen nachhaltig in Ordnung bringen. Diese schmerzhafte Konsolidierung ist unerlässlich für die Gesundung der Weltwirtschaft.

Natürlich belastet dies temporär die Konjunktur. Die Weltwirtschaft wird aber trotz der konjunkturellen Bremseffekte im neuen Jahr nicht in eine Rezession abgleiten. Dazu sind die Schwellenländer zu gut unterwegs. Ihre Dynamik hilft auch Deutschland - wir sind heute viel mehr von der Weltwirtschaft als von der Wirtschaftslage der Euro-Zone abhängig. Im Jahr 1995, als beim Gipfel von Madrid die Staats-und Regierungschefs die Einführung des Euro verbindlich ankündigten, lieferte die deutsche Wirtschaft 47 Prozent ihrer Exporte in die Länder, die heute den Euro-Raum bilden. 2011 waren es nur noch knapp 40 Prozent.

REZESSION VORAUS

Insofern ist Deutschland von den konjunkturellen Ungleichgewichten im Euro-Raum nicht mehr allzu stark betroffen. Während die stabilitätsorientierten Länder des ehemaligen sogenannten D-Mark-Blocks (Deutschland, Niederlande, Finnland, Österreich) in diesem Jahr voraussichtlich um 0,5 Prozent wachsen werden, droht im Rest der Euro-Zone eine Schrumpfung um 0,6 Prozent. Insgesamt dürfte die Wirtschaftstätigkeit im Euro-Raum um 0,2 Prozent fallen.

Deutschland hingegen wächst seit der Überwindung der ersten Welle der Finanzkrise, konkret seit Sommer 2009, schneller als die meisten anderen Länder des Euro-Raums, nachdem es zuvor jahrelang Schlusslicht oder Vizeschlusslicht beim Wirtschaftswachstum war. Ein Grund dafür: Vor der Finanzkrise hatte der Euro zu einem massiven Kapitalabfluss aus Deutschland geführt. Erst nach dieser Krise zog sich das private Kapital wieder nach Deutschland zurück. Nur wegen des massiven öffentlichen Kapitalexports durch die Bundesbank über das Target2-System und die europäischen Rettungsschirme kam es nach und während der Krise per saldo rechnerisch dennoch zu einem Nettokapitalexport der Bundesrepublik.

Der Rückfluss des Kapitals hat in Deutschland einen Bauboom ausgelöst und zur Stärkung der Ausrüstungsinvestitionen beigetragen. Dies war 2010 und 2011 neben dem Export der Haupttreiber des Wachstums. Im Jahr 2012, das ganz im Zeichen der Wiederbelebung des Kapitalflusses nach Südeuropa unter dem Geleitschutz öffentlicher Rettungsschirme stand, kühlte sich die Investitionskonjunktur allerdings bei den Ausrüstungsinvestitionen deutlich und beim Bau ein wenig ab.

ARBEITSMARKT STABIL

Die verminderten Ausrüstungsinvestitionen haben mittlerweile auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen und den seit 2006 beobachtbaren Trend einer abnehmenden Arbeitslosigkeit vorläufig unterbrochen. Ifo erwartet, dass sich die Arbeitslosenquote 2013 bei etwa 6,9 Prozent stabilisiert. Das ist etwas mehr als die 6,8 Prozent des Jahres 2012. Der Unterschied liegt aber allein daran, dass die Bundesagentur für Arbeit weniger Beschäftigungsverhältnisse fördert und insofern verdeckte in offene Arbeitslosigkeit überführt.

Hatte man noch im Herbst befürchten müssen, dass Deutschland von der Rezession in Südeuropa erfasst wird, so mehren sich in letzter Zeit die Indikatoren, die eine optimistischere Sichtweise stützen. Der ifo Geschäftsklimaindex ist sowohl im November als auch im Dezember wieder gestiegen, nachdem er zuvor sechs Mal in Folge gesunken war. Vor allem die Erwartungskomponente des Indikators hat sich spürbar verbessert. So stark wie im Dezember war der Anstieg seit August 2009 nicht mehr, als sich die deutsche Wirtschaft überraschend schnell von der Weltwirtschaftskrise erholte. Die Industrie schöpft wegen der zuletzt stark gestiegenen Auftragseingänge aus Nicht-Euro-Ländern neue Hoffnung. Auch die Baubranche darf auf gute Geschäfte hoffen, denn sowohl die Baugenehmigungen als auch die Bauaufträge waren in den ersten neun Monaten 2012 um gut sechs Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Das muss 2013 abgearbeitet werden, wenn das Wetter besser wird.

Alles in allem rechnet die Konjunkturabteilung des ifo Instituts damit, dass das reale Bruttoinlandsprodukt Deutschlands 2013 um 0,7 Prozent steigt, wobei freilich erhebliche Unsicherheiten bestehen. Die Inflationsrate wird bei etwa 1,6 Prozent liegen, nach 2,0 Prozent im abgelaufenen Jahr.

In der Euro-Zone dürften die Preise mit 1,8 Prozent etwas stärker anziehen. Für Deutschland mag das gut sein, doch für die notwendige Anpassung der relativen Preise im Euro-Raum, die für den Abbau der Leistungsbilanzsalden unerlässlich ist, nicht. Denn leider bedeutet dies, dass sich das innere Wettbewerbsproblem der Euro-Zone noch weiter vergrößert.

»Die Inflationsrate wird 2013 in Deutschland nur bei rund 1,6 Prozent liegen«