Mehr Geld für Schulbücher

Interview Ifo-Institutschef Hans-Werner Sinn über das Urteil
Interview mit Hans-Werner Sinn, Rheinische Post, 10.02.2010, Nr.34, S. 1

Was bedeutet das Urteil für die Höhe der Hartz-IV-Sätze?

Wenig. Das Verfassungsgericht hat ja erklärt, die Sätze könnten "nicht als evident unzureichend angesehen werden". Allerdings erklärt es eine Reihe von pauschalierenden Berechnungsmethoden im Detail für verfassungswidrig. Der Gesetzgeber darf in Zukunft nicht mehr so viel pauschalieren, sondern muss im Einzelnen nachrechnen, wie groß der Bedarf ist.

Falls am Ende doch höhere Sätze herauskommen: Wie würde das auf den Arbeitsmarkt wirken?

Wenn man das Kindergeld im gleichen Umfang erhöht, gibt es keine Auswirkungen, weil man die Erhöhung des Unterstützungsbetrages für die Kinder dann ja nicht verliert, wenn man eine Arbeit annimmt. Ich empfehle aber, fehlende Leistungen für Kinder grundsätzlich als Sachleistungen für alle Kinder frei zur Verfügung zu stellen. Dazu sollten auch Schulbücher gehören.

Was muss die Politik bei der Neuberechnung unbedingt beachten?

Dass sie den Transferentzug nicht vergrößert. Was immer herauskommt - das Mehr, das man durch Arbeit hinzugewinnt, darf nicht verkleinert werden. Es sollte sogar vergrößert werden. Konkret sollten also die Hinzuverdienstmöglicheiten verbesssert werden.

Was folgt aus dem Urteil für den Bundeshaushalt?

Eine Etatbelastung ergibt sich daraus nicht zwingend.

Sie schlagen vor, von Ort zu Ort unterschiedliche Hartz-IV-Sätze einzuführen. Wie könnte das bei der Urteilsumsetzung helfen?

Eine solche Regionalisierung entspräche voll und ganz dem Geist des Urteils. Jeder Hartz-IV-Empfänger sollte den gleichen Lebensstandard haben. Angesichts der regionalen Unterschiede im Preisniveau der Waren und Dienstleistungen verlangt dies zwingend eine Regionalisierung der Geldsätze.

B. Marschall führte das Gespräch.