"Sahnetorten nach der Fitnesskur"

Interview mit Hans-Werner Sinn, Handelsblatt, 21.12.2007, Nr. 247, S. 26

Das Jahr 2007 neigt sich dem Ende zu – abgeschlossen ist das für die Wirtschaft spannendste Thema des Jahres allerdings noch nicht: die Subprime Krise.

Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: Das Jahr 2007 war für die Weltwirtschaft ein...?

Hans-Werner Sinn: ...Superjahr, wie es nur selten vorkommt. Das Wachstum der Welt lag im vierten Jahr hintereinander bei etwa fünf Prozent. Eine solch persistente Hochkonjunkturphase hat es seit den sechziger Jahren nicht mehr gegeben, eigentlich noch nie seit 1950.

...und für die deutsche Wirtschaft?

Hans-Werner Sinn: Die deutsche Wirtschaft hat sich nach Jahren der Schlusslichtposition beim Wachstum nun bis auf einen Zehntelprozentpunkt wieder an den Durchschnitt der alten EU-Länder herangerobbt. Die „Bild“- Zeitung nennt das Wirtschaftswunder, aber von einem Wunder sind wir in Wahrheit weit entfernt.

Ist das, was wir auf den internationalen Finanzmärkten sehen, eine willkommene Normalisierung oder eine Krise?

Hans-Werner Sinn: Es ist eine Krise größeren Ausmaßes. Der Gipfel der Krise wird im kommenden Frühjahr liegen, wenn die Bilanzen auf den Tisch kommen. Danach könnte die Luft wieder reiner werden, doch bleibt der Bremseffekt der fallenden amerikanischen Hauspreise auf den amerikanischen Konsum, der nun ein Ende der weltweiten Aufschwungphase einleiten wird.

Welche Länder werden die Weltkonjunktur 2008 stützen, welche werden sie bremsen?

Hans-Werner Sinn: Amerika wird bremsen, die exkommunistischen Staaten von Polen bis China werden eine Stütze sein. Auch Asien an sich.

Angenommen, Bundeskanzlerin Angela Merkel würde Sie um einen wirtschaftspolitischen Rat bitten - was würden Sie ihr empfehlen?

Hans-Werner Sinn: Weder Schröders noch Erhards Reformen rückgängig zu machen.