„Konjunkturstütze wäre nur Strohfeuer“

Interview mit Hans-Werner Sinn, Nordwestzeitung, 24.10.2008, S. 21

INTERVIEW Ifo-Chef Hans-Werner Sinn gegen zusätzlichen Nachfrageschub

Frage: Bayerische Landesbank, West LB, HSH-Nordbank, für den staatlichen Schutzschirm interessieren sich nur Staatsbanken – warum?

Sinn: Die Staatsbanken hängen mehr drin als die anderen. Sie suchten krampfhaft nach Gewinnmöglichkeiten, nachdem ihr ursprüngliches Geschäftsmodell mit den Vorteilen der Gewährträgerhaftung des Staates von der EU aus Wettbewerbsgründen beendet wurde. Sie glaubten im Ankauf hoch risikobehafteter und hoch verzinslicher Papiere eine Strategie gefunden zu haben. Das ist schief gegangen.

Frage: Wäre die Abschaffung der Landesbanken vernünftig?

Sinn: Sie sollten nach der Lösung der jetzigen Probleme mit den Sparkassen fusioniert werden. Allein haben sie keine Basis mehr.

Frage: Werden Privatbanken den Schutzschirm gar nicht nutzen?

Sinn: Eine Bank, die nur geschwächt, aber nicht K.O. ist, wird das Geld nicht in Anspruch nehmen. Es ist mit Auflagen, vor allem für Managergehälter verbunden. Diejenigen, die über die Inanspruchnahme entscheiden, sind diese Manager. Man geht also von der Theorie aus, dass es hier eine Kaste gibt, die freiwillig um Bestrafung beim Staat nachsucht. Das wird nicht funktionieren. Nur der, dem das Wasser wirklich bis zum Hals steht, wird es in Anspruch nehmen. Das aber ist ein Problem, denn ohne neues Eigenkapital werden die Ausleihungen an die Firmen zurück gehen.

Frage: Sind Konjunkturprogramme sinnvoll?

Sinn: Nur wenn es wirklich schlimm um die Konjunktur steht, wenn der Auslastungsgrad der Produktion im Keller ist. Heute ist der Grad auf einem extrem hohen Niveau und die Arbeitslosigkeit auf einem Tiefstand. Ein zusätzlicher Nachfrageschub ist jetzt nicht nötig, er könnte zu Überhitzungen führen. Also: Warten, bis die Situation kritisch ist. Denn Nachfrageprogramme sind nur kurze Strohfeuer.

Frage: Debattiert wird über gezielte Programme, um Auto- oder Bauindustrie zu stützen. Der richtige Ansatz?

Sinn: Nein. Das ist grundsätzlich falsch, weil der Staat dadurch nicht nur konjunkturell eingreift, sondern auch lenkend. Die Ressorts haben immer unerfüllte Wünsche, und nun liefert die Konjunktur den Vorwand, sie zu erfüllen.