ifo Standpunkt No. 14: Verteilungskampf mit der OPEC

Autor/en
Hans-Werner Sinn
München, 20.09.2000

Es scheint, dass die OPEC es nach 1973-74 und 1979-81 erneut auf eine Kraftprobe mit den Industrieländern ankommen lassen will. Die hohen Energiesteuern dieser Länder sind der OPEC ein Dorn im Auge, denn entweder reduzieren Sie die Öl-Nachfrage oder sie senken den Nettopreis für das verkaufte Öl. Mit einer bewussten Politik der temporären Verknappung will man nun die Verbraucher der Industriestaaten gegen ihre Regierungen aufbringen, um so eine Rücknahme der Energiesteuern zu erreichen.

Die OPEC hat aber nur temporär die Macht, die Preise zu erhöhen, denn je höher die Preise in der Gegenwart sind, desto weniger wird verkauft und desto mehr muss in der Zukunft zu entsprechend niedrigeren Preisen auf den Markt gebracht werden. Die Macht, eine Steuer auf die Preise zu überwälzen, hat ein Anbieter immer nur, wenn es sich für ihn lohnt, die Absatzmengen zu reduzieren, um so den Nachfragerückgang, der aus der Preiserhöhung resultiert, abzufangen. Diese Bedingung kann aber auf die Dauer gerade für die Erdöl-Anbieter nicht als erfüllt angesehen werden, weil sie das im Boden vorhandene Öl irgendwann auf jeden Fall verkaufen wollen.

Energiesteuern der Industrieländer müssen letztlich von der OPEC getragen werden, indem sich niedrigere Rohölpreise ergeben, als das sonst der Fall gewesen wäre. Das ist der Grund für die Nervosität der OPEC, hat aber zugleich die Implikation, dass weder das CO2-Problem noch andere Umweltprobleme durch diese Steuern gelöst werden können. Irgendwann, und bei angekündigten Steuererhöhungen eher früher als später, wird das im Boden vorhandene Öl auf jeden Fall verbrannt, und dann tritt das CO2 in die Atmosphäre ein.

Wenn ein einzelnes Land seine Energiesteuern allein erhöht, hat es natürlich einen spürbaren Einfluss auf die lokalen Verbraucherpreise. Es kann dadurch die Verbrauchsmengen reduzieren und lokale Umweltprobleme wie die städtische Luftverschmutzung oder die Straßenverstopfung in den Griff bekommen. Indes senkt es durch den Verbrauchsrückgang den Weltmarktpreis ein wenig und verlagert so die im Inland wegfallende Nachfrage ins Ausland, mit negativen Konsequenzen für die dortigen lokalen Umweltprobleme. Die Weltproduktion an CO2 ändert sich auch in diesem Fall nicht, doch wird Realeinkommen aus Deutschland und aus den OPEC-Ländern an die anderen Industrieländer verschenkt.

Was angesichts dieser Verhältnisse für eine nationale Energiesteuer spricht, ist die Schmutzverlagerung auf die Nachbarn und die Erzielung eines Steueraufkommens an sich. Besser ist eine von allen Industrieländern gemeinsam erhobene Wertsteuer auf Energie, die zu einem einheitlichen festen Satz erhoben wird. Zwar hilft auch sie der Umwelt nicht, aber sie gibt den Industrieländern die Möglichkeit, bei der OPEC mitzukassieren, ohne dadurch Lasten für die heimischen Verbraucher zu erzeugen.

Hans-Werner Sinn
Präsident des ifo Institut