Globalisierung kostet Jobs in Deutschland

Presseecho, Handelsblatt, 10.03.2005, 10

Forscher verteidigen These von der Bazar-Ökonomie

pbs DÜSSELDORF. Die Verlagerung von Produktion ins Ausland kostet in Deutschland unter dem Strich Jobs. Diese These vertritt die internationale Forschergruppe European Economic Advisory Group (EEAG) in ihrem gestern veröffentlichten Jahresgutachten. Die achtköpfige Gruppe wurde 2002 vom Forschernetzwerk Ces-Ifo initiiert.

In ihrem Bericht mühen sich die Ökonomen redlich, die von Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn - selbst Mitglied der EEAG - Ende 2003 aufgestellte These, Deutschland sei auf dem Weg in eine "Bazar-Ökonomie", zu bestätigen. Der Logik dieser These zufolge werden in Deutschland zunehmend im Ausland produzierte Vorprodukte zusammengeschraubt, der Großteil der Wertschöpfung finde also nicht mehr in Deutschland statt. So werde der Porsche Cayenne größtenteils in Bratislava hergestellt, nur ein kleiner Teil werde am Standort Leipzig produziert. Die Folge sei, dass die Produktionstiefe in Deutschland sinkt. Das werde durch den Rückgang des Anteils der Wertschöpfung in der Produktion illustriert. Dieser ist von 40 Prozent im Jahr 1970 auf 34 Prozent im Jahr 2003 gesunken. Allerdings müsse das nicht zwingend eine Folge der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland sein, gestehen die Volkswirte Kritikern zu. Dahinter könne auch eine Verlagerung in andere inländische Sektoren stehen.

Dennoch steht für die EEAG fest, dass zumindest schlecht ausgebildete Arbeiter in den Hochlohnländern die Verlierer der Globalisierung sind. Somit sei die generelle Annahme liberaler Ökonomen, dass Freihandel für alle beteiligten Länder von Vorteil sei, weil sich jedes Land auf seine Stärken konzentrieren könne, nicht uneingeschränkt gültig. Die Hochlohnländer könnten nur dann profitieren, wenn in der durch die Globalisierung prosperierenden Exportindustrie genau so viele Arbeitsplätze entstehen, wie sie durch die Verlagerung von Jobs ins Ausland wegfallen. In einigen Ländern, wie Großbritannien scheine das zu funktionieren, in Deutschland nicht.

Andere Ökonomen erwarten dagegen, dass die Beschäftigung in Deutschland unter dem Strich durch Outsourcing doch steigen könne. So argumentieren Kritiker der Bazar-These, dass das Wachstum der Exporte die negativen Wirkungen einer sinkenden Produktionstiefe überkompensieren. Für die EEAG-Forscher ist der Exportboom aber lediglich ein Zeichen für eine zunehmende Spezialisierung. Der Beweis, dass in der Exportindustrie ausreichend neue Arbeitsplätze entstehen, sei damit nicht erbracht.

Auch die Tatsache, dass Deutschland einen Exportüberschuss erzielt hat, lassen die Ökonomen nicht als Widerlegung ihrer These gelten. Denn dahinter könne ein hoher Kapitalexport stehen.